|
|
|
Viele
Erzählungen ranken sich um die Lochsteine! 1.)
Bienenstein (up Plattdüsch "Immensteen" = Seeigelsteinkerne)
2.)
Hühnergötter
(up Plattdütsch "Häunergood" 3.)
Fischersteine 4.) Lochsteinketten
und "Saßnitzer Blumentopf" 5.) Einzelne Lochsteine oder "Schrattenstein"
6.) Donnerkeil
(up Plattdütsch "Dunnerkiel"
= Belemnit) 7.)
Schon immer ein beliebtes Sammelobjekt: "Der Klapperstein"
8.) Wie sind die Löcher
in den Feuerstein gekommen? 9.)
Die Darstellung des Seeigels galt in der Bildkunst des Mittelalters als „kluge
Vorsicht“ _____________________________________________________________________________________________
|
1.) Der
Bienenstein (up Plattdütsch
"Immensteen" = Seeigelsteinkern)
|
Bei dem
in 5-facher Ansicht gezeigten Seeigelsteinkern handelt
es sich um die Gattung "Galerites" (auch Kronenigel
genannt). Er kommt an den Küsten der Ostsee sehr
oft vor.
Was
versteinerte Seeigelsteinkerne betrifft, so wurden (...heute leider nicht mehr! ...wie viele
andere
alte Bräuche auch.) sie auf Mönchgut (Rügen) mundartlich als "Immensteen"
(= Bienenstein) bezeichnet, weil er den Bienenstock vor Unheil schützte.
Und
so werden mancherorts Seeigelsteinkerne auch noch genannt -
hier ein
paar überlieferte mundartliche Bezeichnungen: Kronen-Igel,
Turban-Igel, Bischofsmütze, ....und
wer noch
mehr Mundart-Begriffe kennt, der maile sie mir doch bitte zu! Ich freue mich
über jede Zuschrift unter: taake(at)gmx.de
|
|
2.)
Hühnergott
(up Plattdütsch "Häunergood")
Immer
wieder ein Vergnügen für die ganze Familie... das
Sammeln von Lochsteinen
bzw. Hühnergötter und Donnerkeilen. Inspiriert,
etwas darüber zu schreiben, hat mich ein 7-jähriges Mädchen aus unserer
Nachbarschaft. Sie war gerade aus dem Urlaub von der Ostsee zurück
und war enttäuscht, weil sie nur 2 "Hühnergötter" gefunden
hatte. Und in meinem Vorgarten, 250 km von jeglicher Küstenregion
entfernt, sah sie nun sehr viele davon auf Stangen aufgesteckt zwischen
Blumen stehen. Darauf hin habe ich ihr ein Kinderbuch über Fossilien
und Steine sowie einen Seeigelsteinkern nach Hause gebracht. Ich
hoffe sie freut sich darüber und wird künftig eine Sammlerin schöner
Geschiebe-Fossilien sowie -Steine?!
Der
Begriff "Häunergood" stammt aus einer Zeit,
wo diesem Stein noch göttliche Wunder nachgesagt wurden. So wurde
der "Häunergood" (= Hühnergott; Feuerstein mit einem Loch)
den Hühnern ins Nest gelegt, weil man glaubte, dass da wo ein Hühnergott liegt, sich dort keine
Katze hin legte. Ferner schützte er vor bösen Geistern und geomagnetischen Störungen. Der
Begriff "Hühnergott" wurde auf Mönchgut bereits im 19. JH gebraucht - er kommt
also nicht ursprünglich aus Jewtuschenkos Erzählung, wie allgemein gesagt wird.
|
|
3.)
Wozu braucht ein Fischer Lochsteine?
Große
Lochsteine
wurden zum Beschweren der Fischer-Reusen und -Netze
genommen. Lochsteine waren somit ein wertvolles Gebrauchsgut
und war ein kostenloser "Senkblei-Ersatz".
Die "Hühnergötter" wurden am Strand gesammelt,
wo die Lochsteine angespült wurden. Auf Mönchgut waren
die Bauern selbst auch Fischer, Jäger und meist auch Lotsen. Man spricht daher
hier auch von "Fischbauern". Da auf Mönchgut früher alle Gewerke von
den Bewohnern selbst ausgeübt werden mussten, so hatten die Fischbauern oft
noch einen weiteren handwerklichen Beruf. So
wurden die auf dem Acker umherliegenden Lochsteine
von den Bauern in einer Kiste gesammelt.
|
|
Hühnergötter
bzw. Lochsteine
auf Stangen gesteckt ca. 1,30 m und 1,00 m hoch
|
4.) Lochsteinketten,
Lochsteinstangen und die "Saßnitzer Blumentöpfe"
Noch
heute sind Lochsteinketten ein beliebtes Mitbringsel von den Küsten der Nord-
oder Ostsee. Aber auch an dänischen Stränden sind Lochsteine ein beliebtes
Sammelobjekt. An
vielen Häusern sowie in Gärten entlang der nordischen Küsten begegnet man den
begehrten Lochsteinen. Eine Lochsteinkette (siehe Bild rechts) besteht nur aus einer senkrecht herunter hängenden Schnur, auf
die Lochsteine aufgezogen sind. Wie lang eine Kette wird hängt von
der Anzahl der gefundenen Steine ab. Diesen
Lochsteinketten sagt man unter Anderem aus überlieferten Erzählungen nach, dass
sie, wenn diese Lochsteinketten vor dem
Haus hängen, das Haus und die Bewohner vor Unheil bewahren.
Aber
auch auf Stangen (siehe linkes Bild) werden gerne Lochsteine aufgereiht
und dann zwischen Blumen in die Erde gerammt, was eben sehr dekorativ aussieht!
...so etwas hat eben nicht jeder!
Und
ganz große Hühnergötter wurden schon
früher in den Vorgärten mit Blumen bepflanzt; sie
wurden als "Saßnitzer Blumentöpfe" bekannt.
|
Gr.
Lochsteinkette ca. 50 cm
Saßnitzer
Blumentopf
|
5.)
Kleine Lochsteine! - und was sind "Schrattensteine"?
Kleine,
einzelne Lochsteine werden heute gern als Glücksbringer in
der Hosentasche mit sich geführt oder auf eine Lederschnur gezogen um den
Hals getragen. Jedoch bringen sie einem nur Glück, wenn
man sie selbst gefunden hat!
Lochsteine,
so ist es überliefert,
wurden schon im 15. JH. in Süddeutschland "Schrattensteine"
genannt. Aus ihnen wurden Halsketten gefertigt. Den "Schrattensteinketten"
wurde nachgesagt, dass sie den Menschen der die Kette trug vor Unheil schützte. So der Volksaberglaube.
|
|
6.)
Donnerkeil
(up Plattdütsch "Dunnerkiel")
Der "Dunnerkiel" (= Donnerkeil; Belemnitenrostrum)
wurde als
magisches Mittel verwendet, denn er schützte das Haus vor dem Blitzeinschlag.
....und noch so ganz nebenbei: Der Hauswurz (ein
Wildkraut), den man früher extra auf das Rohrdach pflanzte,
schützte auch das Haus. Dieser letzte
Brauch ist nur noch auf einem Rohrdach (anderer Orts auch Reetdach genannt)
in
Klein-Zicker (Mönchgut / Rügen) zu sehen.
|
Belemnit
= Donnerkeil
mit einem Pyritstück
|
|
7.) Immer ein beliebtes Sammelobjekt
war und ist: "Der Klapperstein"
Halbierte Kugel (siehe
Bild links) aus Feuerstein, in deren Mitte ein kleiner Schwamm steckt. Die feinen
Kalkstrukturen werden durch Witterung bzw. Wasserbewegung gelöst
und durch Löcher in der Feuersteinschale nach außen gespült. Meist
bleibt im Inneren der Kugel ein kleiner Feuersteinkern über, der
sich vom Rest gelöst hat und so hin und her klappert. An den vier
anderen Klappersteinen sind die Löcher gut zu sehen, aus denen
die aufgelösten Kalksedimente herausgespült wurden. Ohne
diese Löcher in den Feuersteinkugeln, könnte ein Klapperstein nicht
entstehen. Die hier abgebildeten Klappersteine sind im
Durchmesser ca. 20 - 45 mm groß. Sie stammen von Mön - DK.
|
8.) Wie
sind die Löcher in den Feuerstein (Flintstein) gekommen?
Ein
Beispiel dafür sieht man am "Klapperstein", unter Nr. 7! Der
Klapperstein klappert nur, weil sich Kalke des eingeschlossenen Schwamms im
inneren der Flintsteinkugel gelöst haben und vom Wasser über Löcher nach außen
gespült wurden. Die zuvor lockeren Schichten / weichen Sedimente, aus denen
sich über Millionen Jahre der Flintstein gebildet hat (an der Entstehung des
Flintstein wird immer noch geforscht), schlossen Wurmgänge, Krebsgänge,
Schwämme, Kleintiere, Muscheln (Brachiopoden), Korallen und vieles mehr ein. Wer
heute einen Flintstein (egal wie groß) findet muss bedenken, dass über die
Millionen Jahre natürliche Gewalten wie Wasser, Frost, Hitze, Stürme, Welleschlag
usw., aber auch die Eiszeit am Flint gearbeitet hat. Über die Jahre sind große
Flintsteinbrocken in Stücke geteilt.
Was man heute meist findet sind Bruchstücke, die eingeschlossenes wieder
sichtbar macht. Freigespülte Krebs- und Wurmgänge zum Beispiel werden wieder als
Löcher / Lochgänge sichtbar. Letztendlich sind es dann die begehrten Sammelsteine,
die „Hühnergötter“!
(Diese kleine Erklärung zum Flintstein bzw. zur Entstehung der Lochsteine
entspricht nicht allen Möglichkeiten heutiger Kenntnisse, sondern soll von mir nur
grob einen Überblick einiger Möglichkeiten aufzeigen. Wer mehr über Flint wissen
möchte, sollte danach "googlen": Ihr Siegfried Taake) _____________________________________________________________________________________________
9.)
Die Darstellung des Seeigels galt in der Bildkunst des Mittelalters als „kluge
Vorsicht“
Die Darstellung des "Seeigels" galt in der Bildkunst des Mittelalters als „kluge
Vorsicht“, denn „sie nahmen vor Stürmen Steinchen und Ballast auf“:
TVMIDIS NON MERGIMVR VNDIS (Durch die aufbrausenden Wogen lassen wir uns nicht untertauchen)
DISCE MEO EXEMPLO CASVS
PRAENOSSE FVTVROS; PRAEVISA ANTE MINVS NAMQVE PERICLA NOCENT. (Lerne durch mein Beispiel, nahende Schicksalsschläge im Voraus zu
erkennen; denn vorausgesehene Gefahren richten geringen Schaden an.)
Nach: EMBLEMATA, Handb. zur Sinnbildkunst d. XVI. und XVII. JH.; Verl. J.B. Metzler,
Stuttgart /Weimar, 1967, - Taschenbuchausgabe 1996, S.734.
_____________________________________________________________________________________________
Dafür,
dass diese Seite entstanden ist, sage ich dem 7-jährigen Mädchen
aus meiner Nachbarschaft und Herrn Johannis P. von der Ostseeküste (er hat mir die vielen überlieferten Bräuche und Erzählungen mitgeteilt)
herzlichen
Dank! _____________________________________________________________________________________________
>>
zurück
zum Seitenanfang
<<<
|
|
|
|